Städtelauf Plauen – Hof am 13. August 2016

Höhenprofil des Städtelaufes

Es war mit Abstand der härteste Lauf meiner bisherigen „Läuferkarriere“, soviel schon mal vorweg. Aber das war ja auch so gewollt und geplant. Schließlich wartet Ende September ein noch viel größerer „Hammer“ auf mich … Im Rahmen der Vorbereitung auf meinen ersten Ultramarathon suchte ich vor einigen Wochen nach längeren Läufen in meiner Region. Den „Städtelauf Plauen – Hof“ fand ich optimal, passte doch alles zusammen. Die Distanz von 33 km mit rund 700 Höhenmetern auf vorwiegend Wald- und Wiesenwegen klang schon mal verlockend, um als Trainingswettkampf durchzugehen. Dass es dann auch noch der 25. und somit Jubiläumslauf sein sollte, der auch noch zufällig am 13. August (Jahrestag des Mauerbaus in Berlin) stattfand und über die ehemalige innerdeutsche Grenze führte, setzte dem Ganzen natürlich noch die sprichwörtliche Krone auf.

Also meldete ich mich für den Lauf an. Da es ein geführter Gruppenlauf sein sollte, der mit drei Gruppen (max. 8 km/h;  max. 10 km/h und max. 12 km/h) stattfinden sollte, entschied ich mich etwas blauäugig für die mittlere Gruppe. Dass dies ein Fehler sein sollte, bemerkte ich aber leider zu spät … Doch der Reihe nach!

Pünktlich zur Ausgabe der Startunterlagen fand ich mich am Samstagmorgen auf dem Plauener Concordia-Sportplatz ein. Da mein Nachname nun mal mit A beginnt, stand ich (wie so oft) ganz oben auf der Starterliste und erhielt die Startnummer 1 … Sofort nachdem ich mir diese umgeschnallt hatte, sprachen mich auch schon die ersten Leute darauf an, inklusive dem Stadionsprecher! Ich machte (auch wie immer) meine Scherze und teilte mit, dass ich zwar auf der Starterliste ganz oben stehe, aber auf der Ergebnisliste dann ganz unten (also auch wie immer …).

Kurz nach 08:30 Uhr liefen dann die Läufer der ersten Gruppe los. Wir, die mittlere Gruppe, starteten kurz danach, um 08:55 Uhr. Zunächst ging es in moderatem Tempo um den Sportplatz herum und anschließend leicht bergab zum „Milmesgrund“, welcher auf Waldwegen aus der Stadt heraus führte.

Der erste kleinere Anstieg ließ nicht lange auf sich warten und führte über eine halbherzig gemähte Wiese. Wie der Storch im Salat, stakste ich in der Gruppe der Läufer und merkte hier bereits, dass ich das vorgegebene Tempo nicht mehr lange halten kann. Nach ca. 3 Kilometer war es dann soweit, dass ich immer mehr zurückfiel und den Anschluss an die Gruppe verlor. Einer der „Führungsläufer“ blieb aber bei mir und fragte mich, ob es mir gut geht. Gut ging es mir schon, nur das Tempo war dann für mich doch etwas flott, da ich es nicht wirklich gewohnt war, auf entsprechendem Untergrund im 6er Schnitt zu laufen. Also das Tempo etwas rausgenommen und mit meinem neuen Begleiter der Gruppe hinterher gerannt, so gut es ging.

Nach ca. 5-6 Kilometer geriet dann die Gruppe außer Sichtweite, wir liefen also nur noch zu zweit und ich versuchte eine kleine Unterhaltung aufzubauen. Wir redeten über dies und das und machten uns ein wenig bekannt. Bei Kilometer 7,5 gab es dann die erste Verpflegungsstelle mit Wasser. Die Helfer am Stand bemerkten da schon, dass nur noch wenig (Wasser-)Reserven vorhanden waren obwohl die letzte Gruppe (mit den 12 km/h – Läufern) aber noch nicht durch war … Das fand ich etwas seltsam, war es doch schon die 25. Wiederholung dieser Veranstaltung und da kennt man doch eigentlich die Rahmenbedingungen und kann sich entsprechend einstellen. Aber größere Gedanken habe ich mir da noch nicht gemacht.

Nachdem wir etwas getrunken hatten, sind wir wieder zu zweit gestartet um den nächsten Abschnitt in Angriff zu nehmen. Wieder ging es über einige Wiesen und Waldwege, seltener über asphaltierte Abschnitte.  Besonders die Wiesen fand ich sehr anstrengend. Noch dazu, wenn diese zusätzlich eine ordentliche Steigung zu bieten hatten. Da war ich mit meinen Geschwindigkeitsambitionen wirklich sehr wagemutig gewesen und fernab von jeder Realität. Dies überstieg mein läuferisches Können doch um einiges. Zumindest, was die geplante Zeit pro Kilometer betraf. Die Distanz machte mir nach wie vor keine Kopfschmerzen, ausdauernd laufen ist nicht das Problem … nur eben in einem Tempo, welches meinem Leistungsvermögen angepasst ist.

Nach ca. 10 Kilometern merkte ich schon, dass dies meinem Begleiter nicht wirklich gefiel. Ich entschuldigte mich, dass ich die falsche Gruppe gewählt hatte und er sich nun mit mir plagen musste, aber er meinte ganz großzügig „Kein Problem, dafür sind wir doch da!“ und so liefen wir weiter bis zur nächsten Verpflegungsstelle bei Kilometer 12. Kurz davor überholten uns die Läufer der schnellen (und letzten) Gruppe und so standen wir dann gemeinsam am „Buffet“ und stärkten uns. Ich bekam nebenbei mit, dass mein Begleiter versuchte mich an einen Führungsläufer der schnellen Gruppe „abzugeben“. Ich dachte mir schon, dass ihm die Sache nicht wirklich gefiel, auch wenn er mir gegenüber das nicht zugeben wollte. Aber er hatte wohl Pech, die anderen Helfer wollte sich nicht mit mir „belasten“ und so musste er in den sauren Apfel beißen und weiter mit mir laufen.

Da ich die Gegend und die geplante Strecke einigermaßen kannte, wusste ich, dass nun das härteste Teilstück auf uns wartete. Zwar ging es wildromantisch durch die Natur, aber mit einem extrem giftigen Anstieg welchen wir uns zuvor durch ein sehr steiles Gefälle erarbeiten mussten. Meine Oberschenkel waren nun in heller Aufregung. Kurz vor dem Erreichen der Talsohle schien es, als ob alle vorhandenen Muskeln verkrampfen würden. Da es auf der anderen Seite steil bergan ging, hatten nun die Oberschenkel zwar etwas weniger zu tun und beruhigten sich wieder etwas, dafür schrien nun die Waden umso heftiger. Die letzten Meter bis zum Gipfel konnte ich nur noch gehend bewältigen und war wirklich froh, bei Kilometer 16,5 die dritte Verpflegungsstelle erreicht zu haben. Eine junge Frau kam mit einer Flasche Apfelschorle und einer Flasche Wasser auf mich zu und fragte „Schorle oder Wasser?“. Ich entschied mich für Schorle und trank den Becher in wenigen Sekunden leer. Als ich nachgeschenkt haben wollte, erklärte mir die Dame „Das ist privat, die offiziellen Getränke sind alle!“. „Hä?“ dachte ich, die Getränke sind alle? So etwas hatte ich ja noch nie erlebt, ein Lauf, bei dem die Getränke alle waren, ist mir bei allen 72 Wettkämpfen, die ich in den letzten 5 Jahren mitgemacht habe, noch nicht untergekommen. Ich war etwas verwirrt. Zu meiner noch größeren Verwunderung polterte nun auch noch mein Begleiter in meine Richtung und herrschte mich in etwas rüdem Ton an: „Für Dich ist der Lauf hiermit beendet!“. Ich schaute wohl etwas verdutzt, worauf er mir mitteilte „Du schaffst es ja sowieso nicht bis Hof!“ und „Ich jedenfalls laufe nicht mehr hinter Dir her!“. Ich war etwas ratlos. Was nun? War das mein erstes DNF? Oder gar eine Disqualifizierung? Der Rennleiter und der Einsatzleiter des DRK kamen auf mich zu und fragten mich (schon wesentlich freundlicher), wie es mir geht (so gesundheitlich) und ob ich denn alleine weiterlaufen will. Das klang natürlich schon versöhnlicher. Ich entschuldigte mich dafür, dass ich die falsche Gruppe gewählt hatte und sagte aber, dass ich es mir schon bis Hof zutrauen würde und notfalls auch alleine weiterlaufe. Kopfzerbrechen machte mir nur, dass ich unterwegs keine Verpflegung haben könnte. Der Rennleiter suchte mir dann eine alte Radtrinkflasche heraus, in der noch etwas Wasser war (ca. 200 ml) und meinte, die dürfte ich haben und müsste halt schauen, ob ich unterwegs was auftreiben kann. Da die Strecke mit roten und grünen Pfeilen markiert war, traute ich mir auch zu den richtigen Weg zu finden und außerdem kannte ich mich ja etwas aus, schließlich verbrachte ich mehr als 25 Jahre im Vogtland und auch die Strecke Plauen – Hof war mir einigermaßen vertraut. Also machte ich mich auf den Weg, um den zweiten Streckenabschnitt in Angriff zu nehmen.

Zunächst ging es wieder in den Wald hinein und einem Ab- folgte der nächste Anstieg. Alles wieder mit „Märchenwald-Charakter“. Traumhaft schön! Als Wanderweg sehr zu empfehlen und für gut trainierte Trailläufer sicher ebenfalls ein Genuß!

Am Ende des „Märchenwaldes“ ging es dann auf eine kleine Asphaltstraße die an einzelnen Gehöften vorbei und anschließend über eine Wiese zu einer Weggabelung führte. Irgendwie fehlten jetzt aber die Markierungspfeile. Der letzte Pfeil, den ich gesehen hatte, zeigte nach halblinks. Also orientierte ich mich in diese Richtung und lief an einem Feldrand entlang. Nach ca. einem halben Kilometer kam eine kleine Landstraße und ließ mir die Wahl zwischen rechts und links. Leider waren nirgendwo Pfeile oder markante Punkte zu sehen, an denen ich mich orientieren konnte und die Himmelsrichtung war mittels der Sonne ebenfalls nicht zu bestimmen, da es gerade um die Mittagszeit war. Also entschied ich mich für rechts, da dies mir intuitiv als richtig erschien. Nach ca. einem Kilometer bemerkte ich aber meinen Irrtum, wiesen mir doch die dort stehenden Wegweiser das Tierheim Kandelhof aus, welches sich aber eher in Richtung Plauen befindet. Also die Strecke wieder zurück gejoggt und gar nicht weit entfernt von meinem letzten Abzweig fand ich ein Schild „Fernwanderweg Plauen – Hof 15 km“. Super, da war ich doch genau richtig und musste mir eingestehen, dass männliche Intuition nichts taugt. Zumindest nicht an diesem Tag … 😉

Da der Weg nun mit einer entsprechenden Wandermarkierung versehen war, lief es sich gleich viel angenehmer, weil zuversichtlicher. Die nächste Ortschaft hieß Heinersgrün und ich hielt Ausschau, ob irgendwo Menschen in den Vorgärten zu sehen waren, so dass ich nach etwas Wasser hätte fragen können. Außer einem großen, bellenden Hund war jedoch niemand zu entdecken. Mittagszeit, „Wahrscheinlich alle zu Tisch“, dachte ich mir. Aber in der Ortsmitte stand, wie für mich gemacht, eine alte Schwengel-Pumpe und die funktionierte sogar! Somit konnte ich mir das Salz aus den Augen waschen, reichlich trinken und meine Flasche wieder auffüllen. Super! Rund 22 Kilometer waren geschafft und das Ziel nicht mehr weit. Optimistisch machte ich mich auf den Weg. Dauerte auch gar nicht lange und eine weitere Markierung teilte mir mit, dass ich nur noch 1,8 Kilometer von Blosenberg (also der ehemaligen Grenze) entfernt war. Kurz nach Blosenberg sollte es bei Kilometer 24 die vorletzte Verpflegungsstelle geben. Zwar rechnete ich nicht mehr damit, dass dort noch jemand war, aber vielleicht hatte ich ja Glück. Die Hoffnung stirbt zuletzt … denn so langsam hatte ich schon etwas Hunger.

Leider war dann niemand mehr zwischen Blosenberg und Ulitz zu sehen, aber die grünen Pfeile waren wieder da. Naja, Wasser hatte ich noch etwas und so konnte ich die letzten 9 Kilometer in Angriff nehmen. Gesagt getan, lief ich auf dem Feldweg den grünen Pfeilen hinterher. Kurz vor dem großen Gewerbegebiet bei Haidt kam dann wieder ein Abzweig, aber auch diesmal kein Pfeil zu sehen. Irgendwie hatte ich jedoch in Erinnerung, dass die Laufstrecke direkt an dem Gewerbegebiet vorbei führte. Der Feldweg ging jedoch in die andere Richtung. Und gemäß meiner Ortskenntnisse lag Hof eher hinter dem Gewerbegebiet. Also entschied ich mich für den Weg nach Haidt und umrundete den Gebäudekomplex. Dort traf ich dann tschechisch- und türkischstämmige Arbeiter, die mir bestätigten, dass ich in der richtigen Richtung unterwegs war. Der Weg war dennoch nicht korrekt, da dieser plötzlich aufhörte und in einer etwas sumpfigen Wiese endete. Auf den Weg zurück hatte ich aber keine Lust und somit stakste ich, mit großen Schritten, über die Wiese, holte mir nasse Füße und erreichte dennoch den Radweg nach Hof. In der Ortsmitte zeigte mir ein Wegweiser dann auch, wo es zum Theresienstein ging und dahinter musste der Eisteich, also das Ziel des Laufes, liegen.

Ein letzter Anstieg zum Theresienstein ließ mich meine Beine noch mal gehörig spüren, aber das Ziel war nahe und so erreichte ich nach etwas mehr als 36 Kilometern (mit 744 Höhenmetern) und viereinhalb Stunden das Ziel in Hof. Wer hätte das gedacht! Es gab sogar noch Wasser und Bananen als Zielverpflegung! So richtig nahm niemand mehr Notiz von mir, der offizielle Lauf war ja schon seit ca. 45 Minuten zu Ende und so ging ich Duschen und stärkte mich anschließend bei Kaffee und Kuchen.

Ein zuvor gebuchter Transferbus brachte uns Läufer dann pünktlich um 15:00 Uhr wieder nach Plauen, von wo aus ich die Heimreise antrat.

Resümee: der grundsätzliche Fehler, mich in die falsche Startgruppe eingetragen zu haben, lag sicher bei mir. Dass der Schlußläufer keine Lust hatte mich zu begleiten, fand ich etwas seltsam und in dem Moment war ich auch etwas verärgert. Aber dass ich dennoch ins Ziel gefunden habe und das sogar noch in einer (für meine Verhältnisse) akzeptablen Zeit, hat mich, unter diesen Bedingungen, dann doch etwas stolz gemacht und somit war das Ganze ein gelungenes Abenteuer mit (hoffentlich) gutem Trainingseffekt.